Erinnerungskultur & Visionen [globale solidarische Community]
Um zu wissen, „wo wir lang müssen“, also anders gesagt, um die Welt zu gestalten, um in Entwicklungen einzugreifen oder sie zu beeinflussen, müssen wir erstmal so genau wie möglich wissen, wo wir stehen. Sowohl als einzelne Person, aber vor allem auch als Kollektiv. Und die Position jedes:r einzelnen ist unter anderem ein Ergebnis unserer kollektiven globalen menschlichen Geschichte. Deswegen können wir unseren Standort nicht bestimmen, ohne zu wissen, wo wir herkommen. Wir brauchen eine ehrliche Erinnerungskultur und eine umfassende Aufarbeitung. Nur daraus kann eine authentische Analyse der Gegenwart erfolgen. Politisches Gestalten muss aus dieser Erinnerungskultur heraus passieren.
Und wo möchten wir hin? Wir können und müssen auch eine neue Geschichte für eine gemeinsame globale Zukunft erzählen, eine Utopie entwerfen, denn ohne zu wissen, wohin wir uns entwickeln möchten, können wir auch nicht angemessen gestalten.
Was bedeutet Erinnerungskultur im Kontext der HipHop Kultur? Was leitet sich aus der HipHop Kultur diesbezüglich ab? Die HipHop Kultur ist ohne die rassistische Ideologie, ohne die Geschichte der Versklavung und der Kolonisierung und ohne die jene legitimierende pseudowissenschaftliche biologistische Theorie von „Rasse“ nicht denkbar, sie hängt unmittelbar mit diesen Phänomenen (die Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind) zusammen, sie berichtet davon und erhebt sich gegen das Erbe dieser Geschichte. Und das gilt global – besonders auch für Deutschland und Europa. Dieser konkrete Teil von Geschichte, Versklavung und Kolonisierung wurde systematisch verschwiegen, ignoriert und bagatellisiert. Unter anderem durch die HipHop Kultur, die bald auch in Deutschland bekannt und konsumiert wurde, wurden auch weiße Menschen in Deutschland über das Ausmaß des rassistischen Systems, über Schwarze diasporische Lebensrealitäten und über die kolonialen Kontinuitäten informiert und dafür sensibilisiert. Und für BIPOC in Deutschland wurde HipHop zum missing link, eine Plattform für Identifikation, ein zuhause in einer Gesellschaft, die den BIPOC unter uns die Zugehörigkeit immer noch abspricht.
Für Die Urbane. Eine Hip Hop Partei ist dies nicht „ein Punkt im Programm“ neben vielen anderen. Besonders die Schwarze Geschichte (neu) zu erzählen bzw. die Geschichte aus einer Schwarzen Perspektive zu erzählen, ist elementare Voraussetzung für alle weiteren Schritte.
Die Erfindung und Anwendung der Rassismen, der Versklavung, der Kolonisierung, der Genozide, der kapitalistischen Ausbeutung und des Machtkampfs um wirtschaftliche und kulturelle Hegemonie, Vorherrschaft und Dominanz ist die Geschichte der weißen Mehrheitsgesellschaften. Und je nach Position haben Menschen sehr verschiedene – teilweise diametral entgegengesetzte – Perspektiven auf diese Geschichte.
Die HipHop Kultur ist die selbstermächtigte, ungefilterte kollektive Schwarze Perspektive auf diese Geschichte. Auf die politische Gestaltung übertragen steht unsere Verankerung in der HipHop Kultur für den Paradigmenwechsel – für den Perspektivwechsel bei der Reflektion und Erzählung von Geschichte und für den Perspektivwechsel bei der Entwicklung von Ideen und Modellen für unser Zusammenleben auf diesem Planeten in der Zukunft, jenseits von den Systemen Rassismus, Kapitalismus und Patriarchat. HipHop IST auch Erinnerungskultur und steht damit auch für die elementare Rolle, die Erinnerungskultur bei der Gestaltung von Gegenwart und der Entwicklung von Zukunft einnimmt.
Wir wollen ultimativ einen Zustand globaler, verteilungsgerechter, barrierefreier Community, Solidarität, Einigkeit, globaler Harmonie mit unserer Umwelt und friedlichen Zusammenlebens erreichen. Die Hip Hop Kultur hat diese Vision aus sich heraus so formuliert - peace, love, unity & having fun!